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Die Zeit – Chancen : Wir gründen eine Schule!
DIE ZEIT
Wir gründen eine Schule!
Selbstbewusste Eltern machen ihre eigenen Bildungsreformen
Von Reinhard Kahl und Jeannette Otto Peter Ferres hat sich einen Traum erfüllt. 20 Jahre lang hatte er als Investmentbanker Fusionen und Börsengänge großer Unternehmen in aller Welt eingefädelt jetzt ist er Lehrer geworden. Er hat sogar eine Schule gegründet, die Metropolitan School Frankfurt am Main. Eine Grundschule, auf die er selbst gern gegangen wäre, international und interkulturell, englischsprachig, kleine Klassen, mit Lehrern aus Sydney, Washington State, Abu Dhabi und Mailand. Sein Büro hat zwölf Quadratmeter und liegt dort, wo Frankfurt weder reich noch schön ist, in einer Sackgasse in Rödelheim. In der Ecke Umzugskartons, im Regal der hessische Rahmenlehrplan für die Grundschule. Das ist jetzt sein Leben. »Uncool« nennen seine früheren Kollegen das. 70 lärmende Kinder jeden Tag? Das Essen an Klapptischen? Und Geld verdient man damit auch nicht? »Ich bekomme jetzt ein Lehrergehalt, und die Schule wird von der Bank finanziert«, sagt Ferres, 48, und schaut erstaunt, als könne er das selbst nicht glauben. Ein Jahr lang ließ er sich an der London University zum Grundschullehrer ausbilden. Tagsüber stand er vor Drittklässlern. Nachts schrieb er Genehmigungsanträge für die hessische Schulbehörde. Wenige Wochen vor Schulbeginn erst zog er zurück nach Deutschland, verwandelte ein leer stehendes Verwaltungsgebäude in eine freundliche Schule, schrubbte die Klassenzimmer. Kinder aus 16 Nationen strömten am ersten Schultag hinein. Der Vater hilft im Sportunterricht aus, der Opa arbeitet als Hausmeister Jede Woche werden in Deutschland ein bis zwei private Schulen gegründet. Während an den öffentlichen Schulen die Zahl der Schüler sinkt und der Staat Schulen schließen muss, kommen jedes Schuljahr 80 bis 100 allgemeinbildende Schulen in privater Trägerschaft hinzu. Die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS), die Schulgründern Kredite gewährt, bekommt allein für die süddeutschen Bundesländer alle zehn Tage eine Anfrage von Gründerinitiativen. In Norddeutschland sorgte der Gründungsboom dafür, dass in den vergangenen zwei Jahren mehr private Schulen entstanden als in den zehn Jahren davor. Wer sind diese Schulgründer, und was treibt sie an? Es sind nicht so sehr die Antiautoritären und Alternativen. Mit Wucht tritt eine neue selbstbewusste Bürgerlichkeit auf den Plan. Eltern, die in ihren Berufen ständig Lösungen für unvorhersehbare Probleme finden müssen, aber bei ihren Kindern erleben, wie sie in der Schule noch immer Dienst nach Vorschrift lernen und dabei ihre Neugier verlieren. Es sind Eltern, die nicht mehr daran glauben, dass die staatlichen Schulen vom Belehren zum Lernenlehren umschwenken, bevor ihre Kinder erwachsen sind. Also gründen sie selbst. Dafür kündigen auch Lehrer ihre Jobs, verzichten auf Beamtenzulagen und Privilegien. Sie nehmen sich
19.10.2007