Ein Film und eine Botschaft
Schule soll auch Spaß machen können
Schule macht keinen Spaß. Das weiß doch jedes Kind. Umso mehr muss man wohl die Erwachsenen belobigen, die sich mit viel Verve darum bemühen, den Schulalltag für Kinder so angenehm wie möglich zu gestalten. Der Journalist Reinhard Kahl hat das einmal versucht. „Treibhäuser der Zukunft. Wie in Deutschland Schulen gelingen“, heißt sein 115-minütiger Film, vorgestellt vor ein paar Tagen in einem großen Berliner Kinosaal im Beisein von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD).
Das Publikum ist gerührt, wenn es Kinder sieht, die ganz offensichtlich freiwillig zur Schule gehen, die Freude daran haben, etwas fürs Leben zu lernen. Und es sieht, dass es entgegen den vielen Negativschlagzeilen viele Lehrerinnen und Lehrer in diesem Land gibt, die mit Idealismus, Tatkraft und einer großen Portion Lebensfreude täglich an ihr Werk gehen. Die Kinder selbst, das will uns Kahls Film lehren, honorieren das mit Leistung.
Reinhard Kahl hat sich mit seinem Kamerateam im Schulalltag herumgeschlagen. Er ist ein guter Interviewer und Beobachter. Bis zur Begleitmusik passt alles in dem Film – die Dramaturgie, die Kameraführung. Man lacht sehr viel. Dass Kahl selbst ein Parteigänger ist, dass er sich nur zu gerne in alternative Schulprojekte verliebt, kann und will er wahrscheinlich auch gar nicht verhehlen.
Dass er einen Propagandafilm für das Bundesministerium, das das Projekt finanziert hat, gedreht habe, weist er aber zurück. „Ich habe mir nicht reinreden lassen – das war meine Bedingung.“ Auf Verdruss dürfte der Film bei Bulmahn aber keinesfalls gestoßen sein.
Kahls Film hat viel Pathos, aber auch Leidenschaft. Er glaubt Schulen in Jena, Eichstätt, Hamburg und anderswo gefunden zu haben, die „Lebensorte geworden sind“.
Sie alle haben die Schulglocke abgeschaltet, den 45-Minuten-Takt der Schulstunden aufgelöst und das Notensystem in seiner Bedeutung relativiert. Sie alle sind Ganztagsschulen – die Reformpädagogik prägt den Schulalltag. Ob diese Schulen bei der Bildungsstudie Pisa gut abgeschnitten haben, erfährt man nicht. JoP
Artikel erschienen am 9. Juli 2004