Die schrecklichste aller Welten wäre eine Welt ohne Tiere
Elias Canetti
Ich wohne hier und die Schafe wohnen hier, aber wenn ich das nicht „Gnadenhof“ nenne, verstehen es die Leute nicht. Wenn sie mich fragen: „Was machst du mit den Tieren?“ und ich sage: „nichts“, ist das offenbar sehr schwer zu verstehen. Es gibt diese Idee, dass ein Tier zu etwas nutze sein muss. Dann sage ich oft: Ich bin auch zu nichts nutze. Ein Mensch hat unabhängig davon ein Lebensrecht – bei Tieren ist das auch so. Hilal Sezgin
Hilal Sezgin http://www.hilalsezgin.de ist Autorin. Nach Jahren als Kulturredakteurin bei der Frankfurter Rundschau zog es sie aufs Land. Sie fand einen Hof in der Lüneburger Heide. Dort wurde die Vegetarierin zur Veganerin. Das ergab sich aus dem Zusammenleben mit Tieren. Aus den Erfahrungen mit Tieren und der Reflexion dieser Erfahrungen. Hilal Sezgin wird davon erzählen, wie sie ihr Denken mit ihren Beobachtungen und Gefühlen in Übereinstimmung gebracht hat und damit natürlich nicht zu Ende ist. Es geht um jene Stimmigkeit, die für Kant der Kern von Vernunft ist. Ihre Bücher „Artgerecht ist nur die Freiheit“ und „Hilal Sezgins Tierleben“ (Beck) erzählen davon. Sie bezeugen eine Haltung und begründen eine Praxis!
„Mein Buch ist nicht radikal“, erklärt Hilal Sezgin. „Wir schlachten weltweit in anderthalb Jahren mehr Tiere, als es jemals Menschen gab. Was also ist radikal? Das Plädoyer für ein Ende des Gemetzels – oder das Gemetzel?“
Lange grenzten sich die Menschen von den Tieren als intelligent und beseelt ab. Die anderen Kreaturen schienen für die Krone der Schöpfung geschaffen. Aber die alten Unterscheidungen werden porös. Je mehr wir über Tiere wissen, desto verwandter werden sie uns. Wir entdecken ihre Einzigartigkeit und wunderbare Vielfalt. Tier-Ethiken werden formuliert. Doch diese neue Sensibilität Tieren gegenüber bleibt überwiegend sentimental. Abgespalten von der Praxis.