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Konjunkturpaket
Von Reinhard Kahl

Schulen erneuern, nicht nur sanieren!
Ein großer Teil der Milliarden zur Stützung der Konjunktur soll zur Sanierung von Schulen ausgegeben werden. Die Chance, sie zu kultivierten Lebensorten umzubauen
Nun steht es fest. 8,6 Milliarden Euro fließen aus dem Konjunkturprogramm (50 Milliarden) in die Bildung. Ende eines wochenlangen Hin und Her. Zwischendurch hatte Bildungsministerin Annette Schavan schon mal 15 Milliarden angekündigt. Auch einen Handwerkergutschein von 100.000 Euro pro Schule brachte sie ins Gespräch. Dabei ist der dringendste Sanierungsbedarf für Schulgebäude in Deutschland inzwischen auf 73 Milliarden angewachsen. Das hat das Deutsche Institut für Urbanistik bereits vor der aktuellen Debatte ausgerechnet. So viel wäre nötig, nur um zu verhindern, dass es bald in noch mehr Schulen hinein regnet und dass noch mehr baufällige Treppenhäuser gesperrt werden müssen. Erweiterungen, etwa für Mensen in Ganztagsschulen, sind in dieser Riesensumme nicht bedacht. Es sieht nicht so aus, als ob die Politiker lange nachgedacht und sorgfältig geplant hätten. Wenn es drauf ankommt, gilt für viele von ihnen immer noch die Reihenfolge: Straße, Schiene, Schule. Dass sich jeder Bildungseuro für die Gesellschaft hoch verzinst, ist zu den lobbyanfälligen Landesfürsten noch nicht durchgedrungen. Für jeden in die frühen Jahre investierten Cent gibt es eine Rendite von sage und schreibe 13 Prozent. So viel zu den Maßstäben. Und dennoch liegt gerade im Unfertigen des Konjunkturprogramms eine große Chance. Denn das politische Halbfertigprodukt muss in kürzester Zeit vor Ort den jeweiligen Umständen angepasst werden. Es könnte dabei mit Ideen zur pädagogischen Kultivierung der Bildungshäuser aufgeladen werden. Ein alle Ausnahmen durchdeklinierendes Vergabe- und Antragsverfahren würden viel zu lange brauchen, und dabei die belebende Wirkung der Konjunkturspritze vereiteln. Deshalb könnte die Ratlosigkeit der Politiker am Ende eine vitalisierte Zivilgesellschaft fördern. Es gibt Beispiele, die nun Schule machen könnten. In Herten haben Schüler der Martin Luther Schule auf den Dächern Sonnenkollektoren installiert und zusammen mit einem Polier im Ruhestand einen Fußballplatz angelegt. Dabei wurde die Hauptschule für die Jugendlichen mehr denn je zu ihrer eigenen Schule. Im bayrischen Wertingen wandelte die Montessorischule ein ehemaliges Möbelhaus in ein „Werkhaus der Generationen“ um. Eine Schülermutter, Innenarchitektin, hatte die Idee für den ungewöhnlichen Lernort. Nachmittags arbeiten, spielen und lernen in der offenen Ganztagsschule Kinder und Jugendliche zusammen mit Senioren, Handwerkern, Lehrern und Eltern. Dafür hat der Bundespräsident die Schule als einen von „365 Orten im Land der Ideen“ ausgezeichnet. Die Architekturdozentin Susanne Hofmann an der TU Berlin erneuert gemeinsam mit ihren Studierenden (den „Baupiloten“) nach Ideen von Kindern, Jugendliche und Pädagogen Schulen und Kitas. Die Baupiloten arbeiten mit Firmen zusammen, aber auch mit Beschäftigungsträgern für arbeitslose Jugendliche oder Werkstätten im Strafvollzug.