KLP WAS SUCHT DIE KUH IN DER SCHEUNE? Kuh()nst von Friedemann von Stockhausen

WAS SUCHT  DIE KUH  IN DIE SCHEUNE?

Als wir Friedemann von Stockhausen fragten, ob er während der Kulturellen Landpartie einige seiner Bilder in unsere Gesprächsscheune hängen wollte, oder was ihm sonst zu unserem Programm einfalle, war eine Hängung an den Wänden gleich ausgeschlossen. Die landläufige Tendenz Scheunen in Kunstgalerien zu verwandeln, wolle er nicht unterstützen.

Was dann? Wir sprachen über eines der Wasserzeichen des Programms, den Seiltänzer, seine kleinen Schritte und den schon wegen seines Gleichgewichts nötigen Blicks zum Horizont. Und wir sprachen im speziellen über die Scheune in Brünckendorf; über die architektonische Klarheit und Strenge dieses besonderen Raums. Und dann über den Zweck von Scheunen im Allgemeinen. Über das Einfahren und den Schutz von Ernten. Auch unsere Gäste beweisen ja durch ihr Kommen die Bereitschaft sich „einzubringen“ und im Gespräch mitzuteilen.

Erst sollte es eine Installation mit einem Seil werden. Es gab viele Ideen was am Seil hängen könnte und was sinnbildlich für unser Bemühen, Seiltänzer zu sein, steht oder fällt.

Dann begann Friedemann sich auf seinen Beitrag zum Steirischen Herbst 2017 in Graz vorzubereiten. Er kam in Berührung mit Fellen und so auf die Kuh. Ein Tier, das gewöhnlich gar nicht mehr als Tier angesehen wird, so symbiotisch sind wir ihm in unserem Leben durch die Milch verbunden. Ein Tier, ein Körper, der in Stall und Scheune das Leben der Menschen seit undenklichen Zeiten teilte.

Und so hängt nun dieses Kuhfell unter der Scheunendecke.

Schön und einmalig in der Zeichnung, wie ein Fingerabdruck.

Ein Bild wie beim Rorschachtest, dieser zerlaufene und symmetrisch gefaltete Tintenklecks, in dem jeder etwas anderes sieht.

Was sich aber auch zeigt: jedes dieser Tiere ist ein Individuum. Für uns jedoch nichts anderes mehr als eine Ware in der Fleisch- und Milchproduktion. Oder beim sonntäglichen Ausflug in die Landschaft eine willkommene Motivbeilage.

Aber dieser Blick ist erst herauszufordern: Eine Landschaft in der Bauern Tiere, Heu und Stroh haben. Was eine Ernte ist. Unter welch lebensfeindlichen Bedingungen Lebensmittel produziert werden. Wozu Tierhaltung und Fleischfabriken führen.

Also Denken und Blicken: Schauen, Sehen, den Gedanken folgen und die Erträge ins Gespräch bringen. Ins Selbstgespräch und ins Gespräch mit anderen.

Der Künstler spannt den Rahmen. Der Rahmen begrenzt und stiftet ein Bild. Ein Bild der Imagination oder der Wirklichkeit, was es in jedem Fall braucht, ist das Auge des Betrachters.

„Es denkt, wie es regnet.“ Lichtenberg