Wenn es um Ressourcen, Umwelt und den üblichen Verbrauch geht, für den auch mehrere Erden nicht mehr reichen würden, kommt schnell das Argument, dass jeder bei sich anfangen muss und dass die Konsumenten es letztlich in der Hand hätten. Diese Argument sind nicht völlig falsch, aber der moralische Appell und der gute Vorsatz greifen zu kurz.
Der Wuppertaler Wissenschaftler Michael Kopatz beendet in seinem neuen Buch “Ökoroutine“, bekomm Verlag München 2016, die Illusionen des strategischen Konsums und schlägt eine breite Palette staatlicher Maßnahmen vor, um den Entwicklungspfad in eine nachhaltige Gesellschaft zu öffnen. Ökoroutine ändert die Produkte, statt den Kunden. Plädiert für Standards, statt moralische Appelle.
Über 80 Prozent der Bundesbürger begrüßen artgerechte Tierhaltung. Doch nur wenige entscheiden sich an der Ladentheke dafür. Ein Grill darf auch mal 800 Euro kosten, d’rauf liegen nicht selten die Würstchen zum Dumpingpreis. Wir sind es gewohnt mit solchen Widersprüchen zu leben. Befragungen zeigen auch, dass sich fast die gesamt Bevölkerung mehr Engagement beim Klimaschutz wünscht, doch geflogen wird so viel wie nie zuvor. Kollektiv wollen wir den Wandel, individuell möchten nur Wenige den Anfang machen. Es ändert sich wenig, weil sich die Menschen benachteiligt fühlen, wenn sie »allein« auf den Flug oder das Auto verzichten oder sich einschränken. Das kann sich ändern, wenn wir das erwünschte Verhalten zur Routine machen.
Das Konzept der Ökoroutine ist längst Alltag, und kaum jemand hat es mitbekommen: Elektrogeräte, Häuser und Autos wurden effizienter, weil wir die gesetzlichen Standards schrittweise erhöht haben. Weitgehend unbemerkt haben Lege-Hühner in der EU heute doppelt soviel Auslauf hat wie noch 2003. Statt nur mit moralischen Appellen von den Bürgern das »richtige« Verhalten einzufordern, ist es viel effektiver die Produktion zu verbessern. Statt von den Menschen einzufordern, weniger zu fliegen, ist es realistischer, die Expansion der Fliegerei insgesamt zu limitieren.
Ökoroutine zeigt: Wir können nachhaltig leben, ohne uns tagtäglich mit Klimawandel oder Massentierhaltung befassen zu müssen. Ökoroutine macht Nachhaltigkeit zum Normalfall; nicht Öko ist exotisch, sondern der verantwortungslose Umgang mit Ressourcen. Das Buch nimmt das hohe Umweltbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger ernst und zeigt, wie sich der Wandel zur Nachhaltigkeit verselbständigen kann, wenn wir dafür »Gelegenheitsstrukturen« schaffen.