DIE WELT Das krumme Holz

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Mittwoch, 25. August 2010

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biologischen Gedächtnis, sondern im kulturellen Gedächtnis gespeichert sind und deshalb in Schulen geübt werden, müssen allerdings noch viel individueller gelernt werden als das Laufen und Sprechen. Es gibt viele Wege. Vor allem hat Peter ein anderes Tempo als Gabi. Außerdem ist auch das Tempo von Peter und Gabi jeweils nicht gleichmäßig. Auf Phasen der Verlangsamung folgen unerwartete Beschleunigungen und manchmal sogar Sprünge. Lernen ist ein diskontinuierlicher Vorgang. Für den Gleichschritt einer Kolonne ist es nicht geeignet, denn es geht immer darum, etwas zu üben und sich zu üben. Ständig arbeitet der Übende auch am Verhältnis zu sich selbst. Lernen ist keine Schnellbelichtung von Gehirnzellen, es ist kein passiver Kopiervorgang, Lernen ist vielmehr eine kontinuierliche Gestaltung und Selbstgestaltung. ,,Bei der Geburt sind zwar so gut wie alle Nervenzellen vorhanden“, weiß der Neurobiologe Wolf Singer, ,,aber die allermeisten sind noch nicht miteinander verbunden, vor allem in der Großhirnrinde nicht. Dann wachsen Verbindungen aus, zwar nach einem genetischen Plan, aber die endgültige Festlegung verläuft in einem Prozess von Versuch und Irrtum. Da entscheidet sich, wer bleibt und wer geht. Etwa 30 Prozent der einmal angelegten Verbindungen verschwinden wieder, sie werden eingeschmolzen.“ Entscheidend dafür, was bleibt, unterstreicht Singer, ist die Aktivität. ,,Zellen, die häufig gleichzeitig aktiv sind, haben die Tendenz, ihre Verbindung zu erhalten. Was gebraucht wird, bleibt erhalten, und es wird vernichtet, was als Möglichkeit vorhanden gewesen wäre, aber keine Verwendung fand.“