Die Macht der Vorurteile bremst

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Freiburg: Die Macht der Vorurteile bremst die Reformen – Badische-Zeitung.de

28. Januar 2009

Die Macht der Vorurteile bremst die Reformen
Einer wunderbaren Stuhlvermehrung hätte es am Montagabend bedurft, um allen Interessenten Einlass ins BZ-Haus zu gewähren, die sich mit Reinhard Kahl auf die Suche nach der Schule mit Zukunft begeben wollten. Der Andrang von vorwiegend jungen Leuten, darunter viele angehende Lehrerinnen und Lehrer von Pädagogischer Hochschule (PH) und Universität, mag als Indiz für den Bekanntheitsgrad des Dokumentarfilmers („Treibhäuser der Zukunft“) gelten. Seit Jahren wirbt er mit Optimismus für eine Schule, die „Lust auf Welt“ macht und vertraut dabei auf die „Infektionskraft“ seiner Bilder. So auch an diesem Abend. Neben den Worten ließ er vor allem Filmausschnitte sprechen. Schließlich gibt es bereits genügend Beispiele von Schulen, die eingetretene Pfade verlassen haben und eine andere „Choreografie des Lernens“ praktizieren: Enja Riegels Helene-LangeSchule in Wiesbaden, die ebenfalls mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnete Dortmunder Grundschule „Kleine Kielstraße“, die Häuser des Lernens im Schweizer Kanton Thurgau. Was tun sie, dass ihre Schülerinnen und Schüler „nicht in die Schule gehen wie zum Zahnarzt“, sondern „das Lernen als Projekt des eigenen Lebens“ entdecken? Respekt und Vertrauen, Fehler machen dürfen und lernen, Probleme zu lösen statt mit Wissen voll gestopft werden, Teamfähigkeit der Lernbegleiter, maßgeschneiderte Angebote für jedes Kind sind Stichworte, die nur ansatzweise umschreiben können, was allen diesen Schulen gemeinsam ist. Wobei Schule, wie Reinhard Kahl selbst sie in seiner Jugend erlebt haben mag, als negative Bezugsgröße heute längst nicht mehr taugt, wie BZ-Redakteurin Petra Kistler als Moderatorin zu bedenken gab. „Es hat sich viel getan. Viele haben sich auf den Weg gemacht.“ Dennoch macht der bekennende Alt-68er Reinhard Kahl noch viel zu viele aus, die „zu ängstlich, zu kleingläubig“ sind und ihr Nichthandeln mit System- und Strukturmängeln, falscher Bildungspolitik und mangelnden Ressourcen begründen. „Alles Ausflüchte“, findet er. „Wenn man wirklich etwas will, gibt es niemanden, der einen bremsen kann.“ Es sei vor allem die „Macht der Vorurteile“, die solchen Schulen im Weg stünden. PH-Professor Albrecht Holzbrecher, der den Abend mit veranstaltete, kennt die Zweifel der Eltern gegenüber manchen reformpädagogischen Bemühungen: Ist das auch richtiges Lernen, wenn wochenlang Theater gespielt statt Mathe gepaukt wird? Reinhard Kahl räumte ein, dass nicht alle Versuche gelingen und der Mut zum Risiko das Risiko des Scheiterns einschließt.

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31.01.2009